100 Jahre Hamburger Aufstand

Veröffentlicht von Thomas Stahlhut am

Vortrag „Ursachen und Lehren des Hamburger Aufstands“ und Diskussion mit dem Berliner Historiker Dr. Günter Wehner.

Mittwoch 11. Oktober 2023 um 18:30 Uhr
Ort: Universität Hamburg, Hauptgebäude, Hörsaal C, Edmund-Siemers-Allee 1

Vor 100 Jahren, im Oktober 1923, wurde in Hamburg von kommunistischen Arbeiterinnen und Arbeitern ein Aufstand begonnen, welcher ein Anstoß für eine Deutschlandweite Revolution mit dem Ziel der Errichtung einer Räterepublik sein sollte. Da die Ausweitung des Aufstandes über Hamburg hinaus nicht gelang und zeitgleich die Reichswehr die in Sachsen gewählte Arbeiterregierung, bestehend aus KPD und SPD, stürzte, scheiterte der Aufstand nach drei Tagen intensiver Kämpfe.

Brisant für heute ist der Aufstand wegen der Parallelen der gesellschaftlichen Entwicklung damals und heute. Damals wie heute geht die soziale Schere zwischen Arm und Reich auseinander, angetrieben unter anderem durch Inflation und die infolgedessen gesteigerten Lebenshaltungskosten. Auch damals versuchten die regierenden Parteien der gesellschaftlichen Krise durch umfassende Förderung der Privatwirtschaft, durch den Abbau sozialer Errungenschaften und finanzieller Unterstützung von Unternehmen beizukommen. Außerdem gelang es rechten und faschistischen Parteien und Bewegungen auch damals, den Unmut über die herrschende Politik auszunutzen, um ihren Einfluss auszubauen.

Heute wie damals ist die Lösung der gesellschaftlichen Krise hoch umstritten. So fanden 1923 intensive Kämpfe statt, für die Verteidigung der sozialen Errungenschaften der Novemberrevolution, wie beispielsweise den Achtstundentag. Genauso streikten viele Arbeiter für die Erhöhung von Löhnen, Arbeitszeitverkürzung etc. Gegen diese positive Tendenz gab es bereits 1920 mit dem Kapp Putsch den ersten Versuch rechter Kräfte, die Weimarer Republik abzuschaffen. Dieser Versuch wiederholte sich im November 1923, diesmal ausgehend von der NSDAP. Beide Versuche scheiterten. Der Versuch der Koalition aus KPD und SPD in Sachsen, weitreichende Soziale Reformen und die Demokratisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse durchzusetzen, mit dem Ziel der Überwindung der Ausbeutung und damit des sozialen Elends, wurde durch Eingreifen der Reichswehr beendet. Der Arbeiterbewegung gelang es infolgedessen nicht, die rechten Kräfte und alten Eliten aus entscheidenden Schlüsselpositionen, wie der Justiz, dem Bildungswesen, der Presse oder dem Militär zu drängen, was die Machtübertragung an die Faschisten zehn Jahre später erheblich begünstigte.

Die Lösung gesellschaftlicher Krisen wird zwischen Links und Rechts entschieden: Zwischen dem Ausbau sozialer Errungenschaften und der Demokratisierung der Gesellschaftlichen Verhältnisse einerseits und die Durchsetzung und Zuspitzung der Ausbeutung mittels autoritärer Politik bis zur Errichtung der Diktatur andererseits.

Somit wollen wir uns am 11.10.2023 um 18:30 Uhr im Hörsaal C (Erwin-Panofsky-Hörsaal) des Hauptgebäudes der Universität Hamburg (Edmund-Siemers-Allee 1) den Lehren des Hamburger Aufstandes widmen und Schlussfolgerungen für eine soziale, demokratische und zivile Krisenlösung heute bilden. Den Aufschlag für die Diskussion macht der Historiker Günter Wehner.

Günter Wehner, geb. 1932 in Berlin, war als Historiker an verschiedenen Instituten in der DDR tätig, ist Mitautor am 10- bändigen biografischen Lexikon „Widerstand in Berlin gegen das NS-Regime 1933 bis 1945“ (2002-2004), forscht und publiziert über den antifaschistischen Widerstand in Berlin.