Programm zur Wahl des FSR Geschichte 2025
„Zuverlässiger ist die Vernunft, ist das Wissen, daß es in der Geschichte der Menschen auf die Dauer nur ein Vorwärts gibt.“
Heinrich Mann, Verwirklichte Idee, 1937.
„Nur belehrt von der Wirklichkeit, können wir die Wirklichkeit ändern.“
Bertolt Brecht, Die Maßnahme, 1931.
Das Bewusstsein über die vergangene Entwicklung ist entscheidend dafür, die kommende bestimmend zu gestalten. Wer die realen historischen Hintergründe eines Krieges kennt, kann im Sinne des unbedingten Friedensinteresses der Zivilbevölkerungen zu seiner diplomatischen Beendigung beitragen. Eben deshalb ist die Aufgabe von Historiker:innen die wahrheitsgemäße Erforschung der Geschichte. Die öffentliche Debatte über die so herausgebildeten Geschichtsauffassungen hat besondere Relevanz zur Herausbildung eines kohärenten Geschichtsbildes und die Erkenntnis der Geschichtsmächtigkeit aller. Dementgegen wird zur Weiterführung der Kriege und der Ausbeutung hier sowie der des globalen Südens (einige wenige verdienen hieran sehr viel) medial die Geschichte geklittert, also ein falsches Geschichtsbild zur Rechtfertigung der Ungerechtigkeit geschaffen.
Die Schließung der Forschungsstelle Hamburgs Postkoloniales Erbe durch den Hamburger Senat folgt dieser negativen Logik. Denn die Erforschung der konkreten Kontinuitäten der kolonialen Ausbeutung ist notwendig, um die Forderung nach Reparationszahlungen und tatsächlich kooperativen Handel wissenschaftlich zu untermauern. So ist sie Bestandteil des Kampfes zur Verwirklichung der Menschenrechte, der Aufhebung des „Nord-Süd-Gefälles“ und praktizierter internationaler Solidarität.
Damit wir zur Realisierung des Völkerrechts und in Widerlegung rechter Geschichtsbilder forschen und lernen können, müssen wir das Studium ändern – weg vom leistungsgetriebenen Studium und hin zum solidarischen Lernen und Streiten. Das befreit von der Enge, der Unmittelbarkeitsverhaftung, schafft eine neue historische Reichweite der eigenen Tätigkeit im Studium und ist rundum freudvolle Angelegenheit.
In diesem Sinne wollen wir als FSR gemeinsam mit euch wirken.
Bisheriges Engagement als Kritische Fachschaftsaktive und zukünftige Vorhaben:
Studienreform – Bildung statt Büffelei
Lernen ist freudvolle Aneignung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie das Bilden neuer Einsichten. Hierfür braucht es eine Studienstruktur die dies anregt und herausfordert. Das vorhandene Studium entspricht diesem Maßstab nicht und bedarf der Reform im Folgenden Sinne:
Lateinkenntnisse als Zulassungsvoraussetzung abschaffen: Nicht jeder Interessenschwerpunkt bedarf Latein zum Verständnis der historischen Epoche und Region. Somit braucht es kostenfreie, universitär angebotene Sprachkurse, um sich eine dem Schwerpunkt entsprechende Fremdsprache aneignen zu können.
Abschaffung der Anwesenheitspflicht: Sollte das Studium nicht mit der sonstigen Lebensgestaltung vereinbar sein, bedarf es adäquater Lösungen, Restriktionen helfen nie.
Projektseminare statt unbezahltes Pflichtpraktikum: Forschen und lernen als gemeinsamer egalitärer Prozess zwischen Studierenden und Lehrenden bei gleichzeitiger Aneignung des Handwerkzeugs, ist sowohl freudvoller als auch produktiver als Kaffee kochen.
Ein soziales Studium – Humanisierung Für Alle!
Das Studium als wissenschaftliche Tätigkeit ist gesellschaftlich produktive Arbeit, an der jede:r Anteil nehmen können soll, um der Gesellschaft zu neuem Fortschritt zu verhelfen. Hierfür bedarf es:
Bafög für alle: Mindestens 1200 Euro im Monat, Eltern- und Herkunfts-unabhängig, unbefristet, Inflationsangepasst und ohne Rückzahlungen. Damit der materielle Wohlstand keine Voraussetzung für das Menschenrecht auf Bildung und auf freie Wahl des Berufes darstellt.
Ausfinanzierung des Studierendenwerks: Um bezahlbaren und adäquaten Wohnraum, sowie gutes und günstiges Essen für alle zu gewährleisten.
Abschaffung aller Verwaltungsgebühren, Senkung des Semesterbeitrags und ein kostenfreies ÖPNV-Ticket: denn Reichtum ist genug da, als dass wir für unsere Tätigkeit selbst aufkommen müssten.
Aufklärerische Kultur – Eingreifen zur Verallgemeinerung
Unsere Universität ist nach der Novemberrevolution 1918/1919 als Nachfolgerin des Kolonialinstituts gegründet worden, wurde bereits vor 1933 vom NS-Studentenbund faschisiert, aber war auch einer der Orte, an dem die Hamburger Weiße Rose gegen den faschistischen Terror kämpfte. Die Zwecke und die Gestaltung der Uni sind seit jeher umstritten.
Kritische OE: Zur Anregung eines Engagements, welches der aus der Geschichte der Uni gewachsenen Verantwortung gerecht wird. Mit antifaschistischem Campusrundgang, Einführung in die Geschichte der Universität sowie des Fachbereichs.
Lesung aus verbrannten Büchern: 1933 verbrannten faschistische Studenten all jene Schriften, welche mit ihrer grundlegenden Menschenfreundlichkeit der faschistischen Ideologie ein Dorn im Auge waren. Zur erweiterten Aneignung aus diesem humanistischen Erbe öffentlich vorzulesen und so daran zu gedenken, ist tatkräftiger Antifaschismus.
Ausstellung zur Geschichte des Fachbereichs: Die Ausstellung zur Geschichte des „Historischen Seminars“ kann mittlerweile um mindestens eine weitere Tafel ergänzt werden. Der Fachbereich war vermittelt über den Fachschaftsrat die Speerspitze im Kampf gegen die Bologna-Reform und die erfolgreiche Abschaffung der Studiengebühren. Auch die Zeit im Überseering und die Auswirkungen der Pandemie müssen historisch noch aufarbeitet werden.
Benennung der Hörsäle im PhilTurm: Unsere Fakultät und unser Fachbereich wurde von Menschen geprägt die zum Teil positiv beispielhaftes getan haben. Zu Ihnen gehören Bruno Snell, Karl Ludwig Schneider und Reinhold Meyer, die Widerstand gegen die Nazis leisteten. Damit wir uns in unserem Handeln tagtäglich von ihrer Überzeugung anregen lassen mit unserer Wissenschaft zur Fortentwicklung der Menschheit beizutragen, wollen wir die Hörsäle nach Menschen wie ihnen benennen.