„Die Zeiten sind längst vorbei, wo man das Menschliche in verschiedene Sphären eingeteilt sehen konnte, von denen die eine die politische war: eine Sonder-Sphäre, um die man sich nicht zu kümmern brauchte. Die Frage des Menschen, das Problem der Humanität steht längst schon als unteilbares Ganzes vor unseren Augen und ist als Ganzes dem geistigen Gewissen auferlegt.“
Thomas Mann, Ansprache zu Heinrich Manns siebzigsten Geburtstag, 2. Mai 1941 (auf einer nachgeholten Feier).
Die Funktion der Geisteswissenschaften ist schon immer hoch umstritten gewesen. Sollen die Geisteswissenschaften die Herrschaft legitimieren? Oder sollen sie zur Emanzipation der menschlichen Gattung dienen?
Die neue CDU-geführte Bundesregierung will die Geisteswissenschaften nutzbar für den Krieg machen. Hierfür sollen bestimmte Bereiche besonders gefördert werden, wesentlich im Sinne der sogenannten Sicherheits- und Verteidigungsforschung. Beispielsweise soll die bisher vom Impetus der Völkerfreundschaft getragene Osteuropaforschung und Sinologie zum Feinbildaufbau verkehrt werden.
Mehr primitives Kriegsgeheul, Feindbilder, Heldentum, Aufrüstung und Krieg? Das ist weder geistreich, wissenschaftlich, noch sinnvoll für die Gesellschaft. Stattdessen ist sinnvoll und an der Zeit, die zivile Konfliktlösung, internationale Solidarität, Lösung der Klimakrise, Überwindung von Hunger und Elend engagiert zu verwirklichen. In den Geisteswissenschaften können wir wesentlich dazu beitragen. Dies gelingt, wenn der Mensch hier als bewusst gestaltendes Subjekt der gesellschaftlichen Entwicklung reflektiert wird.
Das tiefe Verständnis von Sprachen und Kulturen soll erweitert dazu beitragen, sich international als Gleiche zu erkennen. Für ein solidarisches Zusammenleben weltweit, statt Hass und Feindschaft. Die Aneignung des humanistischen Erbes in Literatur, Musik und Kunst beispielsweise dafür, hinter der Fassade der Kriegspropaganda, die erbärmliche Rohheit der Geschäftemacherei im Sinne einiger weniger zu erkennen. Zudem die Aneignung des persönlichen Ausdrucks in den Künsten als Parteinahme und Perspektivbildung für eine Gesellschaft, in der Krieg und Ausbeutung überwunden sind. Dafür, dass sich alle als Subjekt der zivilen Entwicklung der Gesellschaft entfalten können. Die Geschichte daraufhin zu erforschen, die Errungenschaften und Lehren der Menschheit für eine Gesellschaft, in der Krieg, Leid und Elend überwunden sind, zur Geltung zu bringen. Gegen die Geschichtsklitterung zur Legitimation des Unfugs.
Dafür, dass die Geisteswissenschaften in dieser Weise für die Herausbildung engagierter und aufrechter Persönlichkeiten wirken, haben wir bereits im letzten Jahr einiges in die Wege geleitet. Beispielsweise ist uns gelungen, dass sich die Fakultät an der Projektwoche zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus mit der Frage beschäftigt hat, wie wir die Konsequenzen aus der Befreiung verwirklichen.
Davon braucht es mehr? Dann wähle selbst aktiv zu werden, bei den Wahlen zum Fakultätsrat Geisteswissenschaften Kritische Fachschaftsaktive Liste 2 und komm dazu!
Studienreform für die Bildung mündiger Menschen
Produktiver Erkenntnisgewinn und die solidarische Entfaltung der Persönlichkeiten zur Schaffung einer menschenwürdigen Welt braucht egalitäre Lehr- und Lernverhältnisse (statt Verschulung durch Prüfungen, Anwesenheitspflichten, Modularisierungen, …). Nach erkämpften Verbesserungen, wie der Abschaffung von Fristen und der Etablierung des Studium Generale in der gesamten Universität, sind zu erwirkende Eckpunkte in der aktuell geplanten Prüfungsrefrom:
– Reduzierung der Prüfungslast und Zurückdrängen von Benotungen zugunsten kooperativer Erörterung über den Erkenntnisfortschritt,
– der Ausbau des Projektstudiums und der studentischen Forschungsgruppen,
– Überwindung der Leistungspunkte – Inhalt statt Leistung,
– Schluss mit „Rausprüfen“: Aufhebung der Begrenzung von Prüfungsversuchen!
Soziale Verbesserungen erstreiten
Damit alle den oben genannten Ansprüchen ungemindert nachgehen können, streiten wir für grundlegende soziale Verbesserungen: Durch Aufruf zu und Freistellung für die Teilnahme an Demonstrationen wie „Leerer Bauch studiert nicht gern“ und „Strike back!“(Beschluss des Fakultätsrats unter kritgeiwi.org dokumentiert); durch eigenständige politische Stellungnahmen und Engagement in der Kampagne BaFöG für alle. Auf unsere Initiative kommt es dabei an:
– Ausweitung und Erhöhung des BaFöG zu einem Eltern und Herkunftsunabhängigen Vollzuschuss, der tatsächlich die Lebensgrundlagen für Studieren sichert (https://bafög-für-alle.de/).
– Besser bezahlte, tarifgebundene und unbefristete Beschäftigungsverhältnisse für Studierende sowie flächendeckend bezahlte Praktika.
Tätiges Erinnern gegen Rechts
Gegen das Vergessen und für die Bildung einer menschenwürdigen Perspektive für die ganze Welt machen wir Lesungen aus den Büchern, welche 1933 von faschistischen Studenten verbrannt wurden, wirken für die Beteiligung der Fakultät am „Monat des Gedenkens in Eimsbüttel“ und engagieren uns im Ratschlag für den 8. Mai als Feiertag. Zudem ist in diesem Jahr auf unsere Initiative gelungen, dass sich die Fakultät an einer Fakultätenübergreifenden Projektwoche zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus beteiligt haben. Anschließend an unsere Veranstaltung zur antifaschistischen Künstlerin Lea Grundig wollen wir eine studentische Ausstellung über sie an die Uni Hamburg holen.
Philosophenturm geschichtsbewusst gestalten
Der Philosophenturm wird immer mehr Ort der Zusammenkunft, streitbarer Diskussionen und vertiefter Auseinandersetzung mit Philosophie, Geschichte, Kultur, Kunst und Sprachen. Damit das noch besser gelingt wollen wir Gelegenheiten schaffen, dass die Philturm-Nutzer:innen sich die Geschichte des Gebäudes zu eigen machen, um ihn heute selber zu gestalten. So bleibt der Philturm nicht nur Ausgangspunkt der Studierendenbewegung 1968:
– Weiterhin steht eine tatsächlich groß angelegte Feier zum Umzug aus. Für diese wollen wir weiterwirken.
Vor dem Umzug waren die Wände in den Fluren mit Kunst, entstanden aus Besetzungen und anderen Aktivitäten der Studierenden, gestaltet. Diese wurde leider größtenteils mit der Sanierung vernichtet. Wir wollen eine Ausstellung mit exemplarischen Kunstwerken gestalten und in den Fluren aufhängen.
– Das Kokoschka-Triptychon im Hörsaal D ist aufgrund gesteigerter Anforderungen des Brandschutzes und deswegen gesteigerter Kosten für das Aufhängen nicht mit zurückgezogen. Bereits gelungen im Fakultätsrat ist, dass nun eine Perspektive für Restaurierung und hoffentlich baldige Rückkehr besteht. Teil davon soll eine Wiedereinweihungsveranstaltung sein, für deren Realisierung wir uns mit einsetzen.
– Die von uns initiierte Benennung der Hörsäle im Philturm nach Personen, die durch ihr antifaschistisch-humanistisches Engagement die Universität geprägt haben und dadurch heute als Inspiration und Vorbild dienen können, treiben wir weiter voran.
– Darüber hinaus fehlen noch viele Details, die eine lebendige Kultur im Philturm fördern. Beispielsweise eine große Tafel für Aushänge im Foyer und Sitzgelegenheiten vor dem Turm.
Finanzierung für höhere Zwecke
Im Streit um die viel zu geringe Grundfinanzierung soll sich gegenüber den anderen Fakultäten in Konkurrenz gesetzt und profiliert werden, statt gemeinsam für mehr Mittel zu streiten. Ein Ausbau der Kooperation für die Ausfinanzierung der Universität ist demgegenüber dringend notwendig, der Lage angemessen und auch für die inhaltliche Entwicklung ein echter Gewinn. Die Schuldenbremse muss weg, damit der Diskurs darüber, was und in welcher Höhe finanziert wird, wieder stattfindet und nicht Mittel gestrichen werden, wo es gerade nicht zur Tagespolitik passt. Deswegen sind wir Teil der Kampagne „International solidarisch – Schluss mit Austerität!“ und auch im Studierendenwerk aktiv für eine Ausfinanzierung.